Eine neue Form der Zensur

Die neuen Vorschläge im aktuellen Entwurf für den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag sind Teil einer neuen Zensurinfrastruktur, davor warnt der Arbeitskreis Zensur und protestiert massiv gegen das geplante Vorhaben. Zeitbegrenzte Aufrufbarkeit von Websites, Kriminalisierung von Forenbetreibern und Zensur nicht-deutscher Websites sind nur drei der vielen unfassbaren Pläne im Text. Die Änderungen an dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag machen deutlich, wie schlecht es um den Schutz des Grundgesetzes und dem Recht der freien Meinungsäußerung steht.

Schon damals, als die ehemalige Familienministerin Ursula von der Leyen mit der Forderung auftrat das Internet einer großflächigen Zensur zu unterziehen, damit die Bevölkerung vor kinderpornografischen Inhalten geschützt werden sollte, gab es eine vehemente Kritik an dem Vorhaben. Hunderttausende Unterschriften wurden für eine Petition gegen diesen Gesetzesentwurf gesammelt und daraufhin unter dem Teppich gekehrt. Auch jetzt zeigt sich wieder, wie rücksichtslos und naiv mit dem Medium Internet umgegangen wird. In einer Stellungname des AK Zensur heißt es, dass der Entwurf „in zentralen Punkten Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, Artikel 10 der Europäischen
Menschenrechtskonvention und Artikel 5 des Grundgesetzes“ widerspreche und damit klar den Bürgerrechten und dem Grundgesetz einen Tritt verpasst.

Die Änderungen im Entwurf, bei dem es sich um ein Abkommen zwischen den Bundesländernmachen handelt, sehen vor, dass Internetanbieter und Webhoster für den Inhalt, den ihre Kunden auf Websites, Foren und diversen Foto- und Videoplattformen, haften sollen. Eine vorschnelle Zensur wird die Folge sein und Inhalte gesperrt, die möglicherweise gar nicht hätten zensiert werden müssen. Durch diese Auflage wird es den Anbietern zudem fast unmöglich sein wirtschaftlich zu arbeiten. Ebenso wird es für Betreiber von Websites schwierig, ihre Inhalte nach dem Gesetz auszurichten. Sie müssen nachweisen, dass Beiträge von Benutzern ihrer Website, „die geeignet sind, die Entwicklung von jüngeren Personen zu beeinträchtigen“ und somit den neuen gesetzlichen Bestimmungen nicht nachkommen, zeitnah zensiert und gelöscht werden. Eine Forderung, die auch den Betreibern finanzielle Probleme bringen wird, wenn sie nicht in eine moralisch-kriminelle Grauzone gedrückt werden wollen. Zusätzliche Administratoren und Moderatoren müssen eingestellt werden, damit verfasster Inhalt zügig kontrolliert werden kann.

Zusätzlich sollen jegliche Inhalte einer Website in Deutschland einer Unterteilung in Anlehnung an eine Alterseinstufung des FSK unterzogen werden. Unter anderem steht der Vorschlag zu Buche, eine zeitlich begrenzte Verfügbarkeit eines Inhaltes nach freigegebenem Alter von 0, 6, 12, 16 und 18 Jahren einzuführen. Dies bringt für Anbieter im Internet ebenso finanziellen und bürokratischen Aufwand. Ein Verifikationsverfahren für die Überprüfung des Alters wird vom AK Zensur ebenso abgelehnt, wie die großflächige Kennzeichnung einer bestimmten Altersfreigabe.

Der Arbeitskreis befürchtet nun, dass diese Auflagen dazu führen werden, dass Unternehmen und Anbieter aus dem Internet verschwinden werden oder „nur noch extrem eingeschränkt verfügbar wären“. Ausländische Provider und Anbieter würden in diesem Fall auch keine Alternative darstellen, da sie nach dem Entwurf für das deutsche Netz nicht mehr aufgerufen werden könnten, sofern sie sich nicht an den Auflagen der geltenden Jugendschutzbestimmung halten. Die Bestimmungen lassen die alten Forderungen von Ursula van der Leyen wie Spielzeug aussehen und müssten mit den Zensurmaßnahmen aus China gleichgesetzt werden. Dort existiert eine sogenannte „Whitelist“, die ausländische Anbieter dazu zwingt, Inhalte nach den Anforderungen der Volksrepublik China auszurichten und sie ggf. zu zensieren. Tun dies die Anbieter nicht, sind sie über chinesische Provider gesperrt und nicht weiter aufrufbar.

Die Problematik, dass dabei mündige Erwachsene ihrer bürgerlichen Rechte beraubt werden, scheint den Politikern wieder einmal völlig egal zu sein. Unter einem „Deckmantel des Jugendschutzes“ werden Zensurmaßnahmen durchgeführt, die klar gegen geltendes Recht verstoßen und jeden Menschen kriminalisieren, der andersweitig versuchen wird über das Internet an Inhalte zu gelangen, die als „nicht jugendfrei“ einzustufen sind. Auch hier wird wieder deutlich, wie kopflos Politiker versuchen wollen einen Kontrollstaat, geprägt durch Angst und Zensur, durchzusetzen. Statt auf die wirklichen Probleme einzugehen wird immer wieder versucht den Menschen in Deutschland ihre Rechte abzunehmen und ihnen einen Maulkorb zu verpassen. Dabei wären doch vor allem die Eltern gefragt. Jugendschutz sollte nicht vom Staat in Form von Verboten und Gesetzen durchgeführt werden, sondern vor allem von den erziehungsberechtigten Familienangehörigen. Pornografie und maßlose Gewalt gehört sicher nicht in die Hände von Kindern, es macht aber auch keinen Sinn, jemanden das Recht auf diese Inhalte abzutreten, der nicht mehr unter die Kategorie „jugendlich“ fällt. Eine wesentlich weisere Entscheidung wäre es gewesen, Gelder in Fortbildungsmaßnahmen und Kurse zu investieren, welche von Eltern, Lehrern und anderen öffentlichen Dienstpersonen, die mit Kindern in Kontakt treten, wahrgenommen werden müssten, damit diese einen gewissenhaften Umgang mit jugendgefährdenden Medien erlernen können um Kinder vor eben diesen zu schützen. Dies sollte nicht durch eine zweckfremde Zensur gelöst werden, auch wenn dies“einfacher“ und weniger aufwendig erscheint. Zensur hilft niemanden.

Kritik hagelt aber nicht nur vom Arbeitskreis Zensur. Auch der Provider 1&1, sowie der Verband der Internetwirtschaft eco protestieren gegen diesen Entwurf. Auch wir von Pirate-Gaming, im Namen der Jungen Piraten und der Piratenpartei, unterstützen die Kritik und sehen in dem Entwurf die Gefahr einer flächendeckenden, undurchsichtigen Zensur, die absolute Einschränkung der Pressefreiheit und die unhaltbare Kriminalisierung des Rechts auf freie Meinungsäußerung. Dies gilt es zu verhindern.