Kritik: Was spielt mein Kind

Ein bayerisches Staatsministerium hat eine Kampagne ins Leben gerufen, bei der sich Eltern angesprochen fühlen sollen, zu hinterfragen, was ihr Kind für Games spielt. Pirate Gaming berichtet im Rahmen seiner neuen Serie ‚Im Blickpunkt‘.

Was-Spielt-Mein-Kind.de, so lautet die Website und der Name der Aufklärungskampagne des bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen. Ein aktuell inszenierter Werbespot (Video im Anhang am Ende der Seite) zeigt einen jungen Jugendlichen, der alleine auf einem idyllischen Hinterhof mit einer Axt Holz spalten möchte. Dabei verfehlt er mit den Axthieben nur knapp seine Hand und seinen Fuß, den er als Stütze auf einem Baumstumpf aufgesetzt hat. Als ihm die Axt im Holz feststecken bleibt, zieht er sie heraus und stößt sich mit der stumpfen Seite gegen den Kopf, wobei er bewusstlos zu Boden geht.

In der Folgeszene sieht man einen etwa gleichaltrigen Jungen, der mit starrem Blick ein Actionspiel auf einer Spielekonsole zu spielen scheint. Die Hintergrundgeräusche sollen dabei gewalttätigen Inhalt verdeutlichen. „Manche Gefahren sind offensichtlich. Andere nicht.“ wird dazu als Zitat angegeben.

Eine fragwürdige und drastische Art und Weise, Aufklärungsarbeit zu leisten, wobei die Thematik dieselbe ist, die wir von Pirate Gaming schon seit langer Zeit verfolgen. Zu wissen, was die eigenen Kinder an ihrem PC oder an ihren Konsolen spielen, ist für die Erziehung enorm wichtig. Sicherlich würde kein Elternteil es wollen, dass Spiele mit einem hohen Maß an gewalttätigen Inhalt von ihren Kindern gespielt werden. Schlimm genug, dass sie diese Inhalte in Nachrichtensendungen mitbekommen müssen. Der Nahostkonflikt, der Krieg in Afghanistan oder zuletzt auch der Irakkrieg. Überall Hass, Gewalt, Mord und Totschlag.

Allerdings, und das stößt uns hier auf, vergleicht der Werbespot physische Gewalt mit psychischer, nicht selbst erfahrener Gewalt. Fast könnte man meinen, er würde sie sogar gleichsetzen. Eine Axt ist eine Waffe, wenn sie falsch eingesetzt wird. Sie kann in falschen Händen Menschen verletzen oder ihnen das Leben nehmen. Ein Spiel hat, bis auf die Gefahr davon abhängig zu werden, kein solches Gefahrenpotential. Sicherlich gehören, wie wir hier noch einmal extra betonen, Gewaltspiele nicht in die Hände von Kindern. Das muss man aber ebenso auf entsprechenden Inhalt von Filmen, Zeitschriften oder Bücher beziehen.

Und genau da liegt das Problem in diesem Werbespot. Er bezieht sich prinzipiell nur auf Spiele. Wir haben Eltern höheren Alters das Video gezeigt und wollten wissen, was sie davon halten und was Sie aus diesem gelernt hätten. Erschreckenderweise bekamen wir oft die Antwort, dass Spiele jeder Art eine Gefahr für Kinder darstellen können, diese davon gar zu Amokläufern werden könnten. Sie urteilten hierbei unabhängig vom Inhalt der Spiele, da beispielsweise auf die Hintergrundgeräusche gar nicht eingegangen wurde. Auf Rückfrage wurde sogar betont, dass Filme und Zeitschriften so etwas doch gar nicht gleichwertig darstellen können. Allerdings wurde auch betont, dass eine Axt, auf Grund des tatsächlichen Verletzungsrisikos, überhaupt nicht in Kinderhände gehört. Eine reale Waffe sei so zumindest als „wichtiger“ einzustufen, als ein Videospiel. Da waren sich alle befragten Eltern einig. Wer sie unbeaufsichtigt herumliegen lässt, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Kinder sich oder andere schwer verletzen können. Insoweit hat der Werbespot zwar ein falsches Licht auf Spiele geworfen, jedoch nicht zwingend mit der Absicht, diese verbieten zu wollen. Ein ganzheitliches Verbot kam für keine der Elternteile in Frage, begründet vor allem weil dieses sowieso umgangen werden kann. Ganz zu schweigen von den Elternteilen, die selbst Shooter oder ähnliches spielten, wenn sie die Freizeit dazu finden. Einige Eltern gingen auch so weit zu sagen, dass ihnen nur die Szene mit der Axt ins Auge gefallen war, weil diese das tatsächliche Gefahrenpotential einer solchen „Waffe“ selber kannten, sei es aus der Gartenarbeit oder aus irgendwelchen Horrorfilmen. Somit lässt sich behaupten, der Spot trage zumindest dazu bei, die Eltern wachzurütteln und ihnen klarzumachen, dass nicht nur Äxte nicht in Kinderhände gehören.

Letzterer Punkt will hiermit auch noch einmal von uns hervorgehoben werden. Eltern tragen eine immens hohe Verantwortung. Sie haben zu entscheiden, was das Kind darf und was auf dem PC oder auf den Konsolen der Kinder gespielt wird. Sie müssen sich informieren, was genau die Handlung eines Spiels aussagt, wie sie es darstellt und was die Kinder daraus mitnehmen. Gespräche mit dem Kind über den Inhalt sind dazu von entscheidender Bedeutung. Kann das Kind Realität und Fiktion trennen oder driftet es in einer Scheinwelt ab, fängt an sich zu isolieren. Diese Fragen sollten Eltern immer berücksichtigen. Warnsignale für eine Fehlentwicklung gibt es wie Sand am Meer, sie zu erkennen ist aber das Hauptaugenmerk.

Dass am Ende ein junges Mädchen eine Kettensäge anwirft, wollen wir hier nicht weiter erwähnen. Der Spot schockiert auch sonst genug. Ihn aber falsch zu deuten, geschieht schneller als man glaubt.

Was meinen Sie? Polarisiert der Spot das „Feindbild“ Computerspiel, oder muss er auf diese Art schockieren, um einen aus dem Zusammenhang gerissenen Vergleich dazu benutzen, um an das Gewissen der Eltern zu appellieren? Wir sind auch auf ihre Meinung und Kritik gespannt.