Achtung, Jugendgefährdend!?!

Wenn ein Spiel als „platte Killereinlage, die schlichtweg überflüssig ist“, bezeichnet wird, denken wir schlagartig an ein Boulevardmagazin, das einen typischen Shooter verreißt – Frontal 21 über Counter-Strike oder Bild über Call of Duty. Doch diese Kritik bekam ein Spiel, dessen Spielprinzip wir heute aus zahlreichen – mehr oder weniger gut gemachten – Flashgames kennen. Es handelt sich um das Spiel Paratrooper.

Das Spielprinzip ist ganz einfach: Man steuert eine Flak und muss vom Himmel herabschwebende Fallschirmspringer abschießen. Punkte gibt es für jeden getroffenen Fallschirmspringer, Helikopter oder die Jets mit ihren abgefeuerten Bomben. Schaffen es genügend Soldaten heil auf die Erde, so bilden sie eine Räuberleiter um das Geschütz zu erklimmen und zu zerstören.
Paratrooper gehörte mit Beach Head, Blue Max, Raid over Moscow, Sea Wolf/Seafox und Tank Attack zu den ersten in Deutschland indizierten Computerspielen. Das war 1985. Im Jahr 2009 hat die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) 702 Medien indiziert. Darunter 53 Computerspiele.
Wird ein Medium, in unserem Fall ein Computerspiel, indiziert, so gilt es nicht nur als „jugendbeeinträchtigend“ (gekennzeichnet mit der Altersfreigabe ‚ab 18‘ bzw. ‚keine Jugendfreigabe‘), sondern als „jugendgefährdend“. Es unterliegt damit zusätzlichen Beschränkungen. Es darf zum Beispiel nicht beworben werden. Unter Bewerben versteht man auch, dass es im Handel öffentlich aus liegt. Deshalb dürfen indizierte Spiele nur „unter der Ladentheke“ verkauft werden.

Doch was sind eigentlich die Vorteile einer Indizierung? Befürworter führen an, dass durch ein Werbeverbot Jugendliche unter 18 nicht den Willen entwickeln, diese Spiele haben zu wollen. Doch muss man sich fragen, warum man Spiele ohne Jugendfreigabe bewerben darf, die ebenfalls für diese Jugendlichen nicht geeignet sind.

Auch sprechen Kritiker der Indizierung oft von Zensur. Denn faktisch kommt man an Spiele, die indiziert wurden, nicht heran: Händler führen diese meist nicht. Auch Zeitschriften, die über das Spiel berichten möchten fallen unter das Werbeverbot. Hier sprechen zahlreiche Indizierungsgegner von einem Eingriff in die Pressefreiheit. Auch eine Berichterstattung die die Indizierung in Frage stellt und das anhand von Beispielen erläutern möchte, ist nicht möglich.
Ebenfalls muss die Frage gestellt werden, warum Spiele vor 25 Jahren als jugendgefährdend eingestuft wurden und sie es heute von einem Tag auf den anderen nicht mehr sein sollen. Schon dass Spiele nach 25 nicht mehr als jugendgefährdend gelten, führen das Prinzip der Indizierung ad Absurdum.

Ein weiterer Nachteil von Indizierungen sind „verstümmelte“ Spiele. Das nennt sich auf der Verpackung dann “deutsche Spielversion”. Die kritischen Szenen werden herausgeschnitten oder so programmiert, dass die Spiele nicht über eine gewisse Schwelle treten, ab der sie indiziert werden würden. Auch hier kann man stellenweise von Selbstzensur sprechen.

Trotz dieser Argumente gegen die Indizierung wird weiter drauf los indiziert. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien argumentiert deshalb auch, dass man lenkend eingreifen möchte. Das Ziel ist also, dass durch die Gefahr einer Indizierung, von vornherein weniger gewalthaltige Spiele produziert werden. Diese Einstellung darf durchaus als naiv bezeichnet werden. Gerade geschnittene Spiele zeigen, dass man sich in einer globalisierten Welt schnell und unkompliziert in andere Märkten ungeschnittene Fassungen holen kann. Oftmals sogar in deutscher Sprachfassung.
Bleiben die Argumente, dass die Bundesprüfstelle mit Infizierung einen Anhaltspunkt für Eltern und Erziehende gibt, was „gut“ und was „schlecht“ ist. Warum dafür die USK/FSK nicht ausreichen, bleibt die BPjM eine Antwort schuldig.
Auch ihre ob die Aufgabe, „die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer gemeinschaftsfähigen und eigenverantwortlichen Persönlichkeit zu sichern und zu fördern“ je ernst genommen wurde, darf man hinterfragen. Eine solche Förderung wäre einfacher und sinnvoller, wenn sich Erziehende wie Lehrkräfte z.B. in entsprechenden Schulfächern mit Computerspielen kritisch auseinandersetzen würden. Das stärkt die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlicher eher als eine Bevormundung von Erwachsenen.