Zeitgeist des Wetters

Es scheint wieder modern zu werden. Nach dem ersten richtigen harten Winter nach gefühlt 20 Jahren und der nun langsam steigenden Temperaturen (für vielleicht 2 Wochen), reden alle nur noch über das Wetter.

Den Leuten kanns auch eigentlich keiner Verübeln. Grauer Himmel, leichter Schneefall, eine Armada an Streufahrzeugen, dicke Felljacken und durchgekochte Wärmepads fixieren den Winter in den Köpfen der Menschen. Und da die Arbeit keine gute Themen für Gespräche bietet und keiner über Ereignisse und Erfahrungen aus der freien Natur palavern kann, weil man halt in der Wohnung gefangen ist, muss halt das Wetter herhalten. Schlimm ist daran allerdings nur, dass jeder pessimistisch daherkommt. Alle blasen Trübsal und trauern über sich selbst, weil es ja so kalt ist und keine Besserung in Sicht ist. Schnupfen, frieren, Langeweile. Alternativ könnten die Leute ja mal ins Schwimmbad gehn, oder Indoor-Minigolf, z.b. in Hamburg, spielen! Dort ist das neuerdings möglich, sogar mit Specialeffects dank Schwarzlichtbeleuchtung. Aber nee, lieber eine schlechte Grundlaune an den Tag legen.

Ich halte aber einfach mal wettertechnisch dagegen und wehre mich, indem ich meinen Freunden und anderen menschlichen Begegnungen von meinen Abenteuern in der afrikanischen Savanne und mehreren Flussdeltas mit schwüler grüner Bewaldung erzähle. Tja, da staunt ihr. Unterwegs mit Machete und einem Seil… ja man braucht IMMER ein Seil, weiß man doch schon aus dem Film „Der blutige Pfad Gottes“…, immer auf der Hut vor der gefürchteten Malaria, vor Löwen und vor rivalisierenden Warlordgruppierungen. Die Uffl gegen die APR… okay. Ihr seid ja auch nicht aus Dummsdorf und habt mich natürlich durchschaut. Ich spiele gerade wieder mal Far Cry 2 und bekämpfe das Böse HUH! Jaja ich weiß, ein Seil habe ich auch nicht, aber stellt euch vor, was mir ingame gelünge wenn ich nur ein Seil hätte.

Aber anstatt die Leute Far Cry 2 spielen, sitzen sie zu Hause vor dem Fernseher und lesen die Bildzeitung. Nunja, hat sich ja keiner von den Leuten ausgesucht so zu leben. Sie wurden dazu erzogen und gehen ihrem gewohnten Lebensstil nach. Viele glauben ja tatsächlich das, was in der Bild drin steht. Zwar wirbt dieses Tagessblatt damit, keine Meinung darzustellen, doch ist deren Lesern ja auch nicht bewusst, dass sie genau das bewirken möchte. Beispiel: Die Osterwelle lehnt auf einmal Hartz 4 strikt ab, dahinter ein Bild vom lustigen Guido mit böser Miene verziert mit Teufelshörnern. Die Menschen werden sauer sein, da er so böse ist. „Guckt mal, sogar Hörner sind ihm gewachsen“, „So ein Schwein, er hasst uns, weil wir aus dem Harz kommen“. Anderes Beispiel. Ein Kind bricht in einen Weiher ein. Ein einfacher Teich wird dazu mit wenig Können zum garstigen Tümpel dramatisiert. Dunkle Wolken sind zu erkennen, die Kinderleiche schwimmt schlecht digitalisiert in der graubraunen Suppe. Reaktion der Menschen: „Sperrt ihn ein“, „Vernichtet den Teich“… von den armen Enten, die von ihm abhängig sind nichts zu hören. Man erkennt den Hass, den diese gütige Toilettenlektüre in den Menschen weckt. Killerspiele sind da harmlos, könnt ihr mir glauben.

Der beste Beweis: Nach dem Tod des Fußballtorwarts Robert Enke gab es eine Welle von Trauer und Fragen nach dem Sinn und den Ursachen. Jede Medie, sei sie nun digital oder auf Zeitungspapier mit Druckerschwärze gepresst, verlor sich in einem Strudel aus Wut, Trauer und Beileidsbekundungen. Die Folge daraus? Ein drastischer anstieg an Selbstmorden, größtenteils vor Schienenfahrzeugen der deutschen Bahn. Ergo: Bild tötet mehr Menschen als Killerspiele. Ach… darüber sollten sich alle Pessimisten mal lieber aufregen. Aber das liegt ihnen nicht. Selbstkritik fehlanzeige. Lieber nochmal n paar Euro für die nächste Ausgabe auslegen und weiternörgeln.

So ich werd jetz schlussmachen, muss raus in die Stadt und einkaufen! Und tada, will man mal raus, fängts auch schon wieder an zu regnen… so eine verdammte Scheiße *grml*… ich hab nix gesagt!