Retro-Test: Mario Kart 64

Wir schreiben das Jahr 1997. Es ist die Weihnachtsnacht und ein kleiner Junge sitzt vor dem Fernseher. Er ist 3 Jahre alt und spielt mit seinem 5 Jährigen Bruder das beste Rennspiel, das er jemals in die Finger bekommen wird: Mario Kart 64.

Heute sitzt er als Volljähriger immer noch am TV, spielt noch immer Mario Kart 64 und schreibt über diesen und andere fantastische Klassiker der Spielehistorie. Wozu ein Retro-Test? Die Spiele sind älter als die meisten COD-Spieler und machen grafisch scheinbar nichts her. Denkste! Wer hinter die Fassade heutiger Spiele schaut, sieht oft einen Einheitsbrei der nicht gerade von Kreativität zeugt. Frühere Spiele, die meine Kindheit prägten, kamen oft mit guten Ideen und einer guten Geschichte und Aufmachung daher. Sie waren mit den Möglichkeiten des jeweiligen Jahres voll auf Höhe der Zeit. Diese Artikel-Reihe soll diese Schätze wieder hervorheben und klar machen, warum neue Spiele oft nicht mit den alten konkurrieren können.

Sei es für Nintendo DS, SNES oder Wii. Egal auf welcher Konsole, Mario und seine Freunde machen auf der Rennstrecke immer eine gute Figur. Aber der wahre Spaß findet auf alten Konsolen seinen Höhepunkt. 1997 für die N64 als zweites Spiel der Reihe, aber als erstes 3D-Rennspiel erschienen, bietet es noch im Jahr 2013 einer Vielzahl von Spielern Spielspaß bis zum Abwinken.

Das Spielkonzept

Erst einmal ist das Spielkonzept denkbar einfach: 8 frei wählbare Charaktere stehen zur Auswahl (alle mit unterschiedlichen Spezifikationen) um mit ihnen 4 Grand-Prix mit jeweils 4 unterschiedlichen Strecken zu fahren. Auf jeder Strecke gilt es möglichst den ersten Platz zu erreichen und in Endeffekt den Cup zu gewinnen. Nach jedem Rennen gibt es für den entsprechenden Platz Punkte: Für Platz 1 gibt es 9 Punkte, für Platz 2 gibt es 6 Punkte, für Platz 3 3 Punkte und für Platz 4 noch 1 Punkt. Die Plätze 5-8 gehen leer aus und bieten nach jedem Rennen eine “Erneut versuchen“ Funktion an. Durch Driften in Kurven kann man sich gelegentlich Vorteile verschaffen da man die Kurven wesentlich schneller nehmen kann. Mit fiesen Power-Ups, die an verschiedenen Stellen auf jeder Strecke gesammelt werden können, bekommt man Werkzeuge an die Hand um entweder seine Gegner zu behindern, oder sich einen Vorteil zu verschaffen. So gibt es Turbo-Pilze die einem einen mächtigen Geschwindigkeitsschub geben und es gibt Schildkrötenpanzer mit denen man seine Gegner abschießen kann. Es gibt auch Power-Ups die einem Schutz gegen gegnerische Attacken bieten. Insgesamt gibt es 14 Power-Ups mit denen man allerlei Schabernack treiben kann. Neuere Teile wie Mario Kart Wii bringen zahlreiche Veränderungen mit sich. Man muss zwischen verschiedenen Fahrzeugen wählen, hat mehr Strecken zu fahren und auch andere Items, um die Gegner zu beeinflussen. Das ganze Spiel ist somit mehr auf eine größere Masse an Spielern ausgelegt. Wenn man abgeschlagen auf dem letzten Platz liegt bekommt man relativ vorhersehbar Kugelwilli als Item. Damit kann man dann mächtig aufholen, da man schneller wird und in Form einer Kugel der Strecke automatisch folgt. Diese Hilfen gab es so in Mario Kart 64 nicht, da musste man jegliche Konzentration aufbringen um schwierige Strecken zu meistern. Die Items waren sehr ausgeglichen gestaltet. Und rote Panzer konnten noch gegen Wände prallen und nutzlos sein. In neueren Teilen folgen auch sie automatisch der Strecke und treffen meist einen Gegner. 

Charakter-Unterscheidungen

Durch die unterschiedlichen Charaktere muss jeder Spieler seinen persönlichen Favoriten herausfinden. Jeder hat seine Vor- und Nachteile. Bowser zum Beispiel ist ein Koloss von Fahrer, er wiegt viel, hat aber eine mäßige Beschleunigung. Gegen kleine Fahrer setzt er sich meist durch und wirft sie aus der Bahn. Toad dagegen ist ein kleiner, schneller Fahrer. Sein Vorteil ist die schnelle Beschleunigung, aber auch er hat nicht die höchste Geschwindigkeit. Wenn er mit größeren Fahrern auf Kollisionskurs geht, zieht er immer den Kürzeren. Wenn man aber aus der Angriffsnähe von solchen Fahrern bleibt, kann man auch mit ihm die Rennen gewinnen. So hat jeder Charakter seine Eigenschaften und die gilt es herauszufinden und geschickt einzusetzen. In Mario Kart Wii gibt es nunmehr 12 Charaktere die grob gesehen in zwei Klassen aufgeteilt werden können. Die Kleinen und die Großen. Gab es in Mario Kart 64 wie gesagt auch schon. Das man in Mario Kart Wii verschiedene Fahrzeuge auswählen kann bringt auch nicht viel mehr Spaß. Die verschiedenen Fahrzeuge haben kaum merkliche Unterschiede. Da kann man auch bei der unilateralen Fahrzeugauswahl bleiben und dem Spieler diese Auswahl abnehmen. 

Cup-Unterscheidungen

Jeden Cup kann man in 3 Schwierigkeitsstufen fahren, aufgeteilt nach dem fiktiven Hubraum der Kartmotoren. 50ccm ist dabei die niedrigste Stufe auf der die meisten Spieler Rennen gewinnen können. Mit der nächsthöheren Stufe, der 100 ccm Klasse, beginnen die Rennen allmählich schwieriger und die Gegner besser zu werden. In der höchsten Klasse der 150ccm Klasse, gilt es ein wahrer Controllermeister zu sein, um in jedem Cup Gold zu holen.

Streckendesign

Die Strecken in Mario Kart 64 sind sehr abwechslungsreich gestaltet. So gibt es Strecken auf denen man sich geschickt um Kurve nach Kurve schlängeln muss und es gibt Strecken auf denen man sich, auf langen Geraden, mit seinen Gegnern battlen kann. Auf der “Rainbow-Road“ gibt es sogar Stellen an denen man sich durch geschickte Sprungeinlagen einen Vorteil verschaffen kann. Die Strecken aus der N64-Version kommen auch in neueren Generationen vor und werden immer wieder aufgegriffen. Es lohnt sich halt wenn man einmal gute Arbeit leistet. 

Easter-Eags 

Kleines Gimmick: Wenn man jeden Cup in jeder Schwierigkeitsstufe mit Gold abgeschlossen hat, bekommt man einen alternativen Startbildschirm für Mario Kart 64.Wie in zahlreichen Nintendotiteln schon vorgekommen, gibt es auch in Mario Kart 64 zahlreiche Easter-Eggs. So kann man auf der Strecke „Royal Raceway“ einfach mal eine Abbiegung nehmen und bei Prinzessin Peaches Schloss vorbei düsen. Ein weiteres Easter-Egg ist es, wenn man in jedem Rennen den vierten Platz macht, dass man ein alternatives Ende bekommt. Des Weiteren gibt es noch ein paar weitere versteckte Spielereien.

Generelle Unterschiede zu anderen Teilen

Mario Kart 64 bietet im Vergleich zu den neueren Teilen augenscheinlich weniger Auswahlmöglichkeiten. Aber genau das begrenzt die Zielgruppe dieses Spiels und macht es Schwieriger. Man muss mit gegebenen Mitteln versuchen das Beste zu holen. In den neusten Teilen wird immer mehr auf Individualität und eigene Vorlieben gesetzt. Aber ist es nicht eine größere Herausforderung auch einmal mit Dingen klarzukommen die einem nicht so ganz liegen und man trainieren muss um wirklich etwas zu erreichen? Genau das gibt es in Mario Kart 64 noch. Man bekommt den Sieg oder die Podiumsplatzierung nicht durch Items in der Schoß gelegt, sondern man muss sie sich erarbeiten und wirklich etwas dafür aufbringen. Wenn in Mario Kart 64 nur die Plätze 1-4 Punkte bekommen haben, so bekommt in Mario Kart Wii jeder Spieler außer der 12te Platz Punkte. So kann auch jemand der noch so schlecht ist Punkte ergattern. Leider sieht man auch hieran, dass die Spielqualität an die Vorlieben der großen Masse angepasst wurde. Man könnte meinen “Früher war alles besser.“ In Sachen Spielen ist es leider meistens der Fall.