Mehr Waffen, mehr Feinde

Die Wunden des letzten tragischen Amoklaufes waren gerade erst oberflächlich geheilt, und während sich in den Pressekonferenzen die Politiker aus allen Parteien versuchten mit den Verbotsforderungen gegenüber der Gamer-Szene, der eine offizielle Lobby bis zum heutigen Tage fehlt, zu übertrumpfen, kam aus der kleinen Alpenrepublik Österreich ein kleiner Smash-Hit, dessen Refrain anstimmt:

„Mehr Waffen, mehr Feinde“

So leitete Christina Stürmer 2003 ihren Beitrag gegen die Kampagne gegen „Killerspiele“ ein, doch statt der erhofften kritischen Wirkung auf die Zielgruppe nahm diese es mit Humor und das Lied entwickelte sich still und heimlich zur Gamer-Hymne, wenn auch nicht vollkommen unumstritten.

Noch heute, sechs Jahre später, gibt es viele Spieler, die auf den Refrain des Liedes abfahren und ihn mitsingen können, aber nicht etwa, weil sie sich persönlich mit der in, nett gesagt, einfachen Worten gefasste, Kritik identifizieren hätten können, sondern viel mehr, weil sie an dem Unverständnis der breiten Masse für eine Jugendkultur, den Onlinegamern, die nun seit mehr als 10 Jahren besteht, so passend ausdrückte.

Wer noch nicht alle Vorurteile zum Thema „Killerspiele“ kannte, der hatte sie spätetens nach dem, von sachlichen Standpunkten aus gesehen zweifelhaften, Werk alle gehört. Es fehlte wirklich wenig in dem musikalischen Machwerk, das flacher und populistischer nicht hätte sein können, drängte sich schon damals der Verdacht der „schnellen Mark“ mit dem Leid der Opfer der Amokläufe auf.

Dennoch, oder vielleicht gerade deswegen fand das Lied auch in themenbezogenen Medien Einfluss, so zum Beispiel im Kurzfilm „A Gamer’s Day“ von Daniel P. Schenk, der das karikierte Selbstbildnis vieler Spieler (Unter anderem auch des Autors) mit großer Leidenschaft und einem erheblichen Unterhaltungswert auf den Bildschirm brachte.

Ein Blick in die Suchergebnisse der Suchmaschine Google ist auch sehr deutlich, wer nach dem Titel sucht, findet zigtausende Einträge aus Foren, Weblogs und Webseiten, Social Networks und anderen Webinhalten, die das Thema teilweise sehr kontrovers angehen. Für die einen das Hasslied, für andere die Zockerhymne überhaupt.

„Mehr Waffen, mehr Feinde“ hat sich zum geflügelten Wort unter Gamern entwickelt und drückt die locker genommene Frustration der Spieler gegenüber einer Mehrheitsgesellschaft aus, die gerne einmal die Grundsätze der Unschuldsvermutung und noch drastischer, des Rechtes auf die ungehinderte Entfaltung der Persönlichkeit übersieht, wenn es denn nicht das eigene Recht ist, das beschnitten wird.